Informationen zum Rosenviertel in Memmingen

Herzlich willkommen!

 

Diese Seite informiert über Überlegungen und Planungen zur Zukunft des Memminger Rosenviertels.

Bezeichnung

Das Rosenviertel hieß früher „Bahnhofsareal“. Im Februar 2020 wurde ein neuer Name für das Bahnhofsareal gesucht.

Bei einer Online-Abstimmung fand die Bezeichnung „Rosenviertel“ am meisten Zuspruch. Deshalb bezeichnet die Stadt Memmingen das Gebiet seither als „Rosenviertel“.

Vorgeschichte

Beim Bürgerentscheid im Mai 2019 sprach sich eine Mehrheit der Memmingerinnen und Memminger dafür aus, das Bahnhofsareal nicht an den privaten Investor Ten Brinke zu verkaufen, sondern ein neues Planungsverfahren unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger zu beginnen.

Auswertung der Bürgerbeteiligung

Die Ergebnisse der anschließenden Bürgerbeteiligung habe ich ausgewertet.

Ich stelle sie auf dieser Webseite unter dem Menüpunkt „Meine Auswertung“ und in einem PDF-Dokument (1,9 MB) dar.

Ergebnisse

Die wichtigsten Anliegen der teilnehmenden Bürgerinnen und Bürger waren:

Sie wünschen einen klaren Vorrang der Nutzungsart „Wohnen“ und die Verwendung des größten Teils der Nutzfläche für Wohnungen sowie das Zurücktreten der gewerblichen Nutzung zugunsten der Wohnfläche.

Und sie wollen keinen großen Supermarkt und keine sonstige groß dimensionierte Gewerbefläche, für die ein großer Teil der zur Verfügung stehenden Grundfläche versiegelt werden muss und den anderen Nutzungsarten verlorengeht.

CIMA-Gutachten

Im September 2020 wurde im Stadtrat ein Gutachten der CIMA Beratung + Management GmbH (PDF, 1,6 MB) vorgestellt, in dem diese untersucht, welche Ansiedlungen von Einzelhandel auf dem Rosenviertel denkbar sind.

Die CIMA empfiehlt in dem Gutachten, neben einem Lebensmittelmarkt mit 1.000 bis 1.400 Quadratmetern Verkaufsfläche zwei Modemärkte oder Sportmärkte von je 1.000 bis 1.200 Quadratmetern oder einen Mode- bzw. Sportmarkt mit 1.800 bis 2.200 Quadratmetern Verkaufsfläche vorzusehen:

Schaubild der von der CIMA vorgeschlagenen Einzelhandelsflächen im Rosenviertel Memmingen

Sie sieht Unterschiede in der Vermarktbarkeit der Flächen zwischen dem Lebensmittelmarkt und den Flächen für Mode und Sport:

„Mit Blick auf die Einzelhandelsnutzungen am Vorhabenstandort stellt insbesondere die Ansiedlung eines Lebensmittelmarktes eine gesicherte Ansiedlungsoption dar. (…)

Deutlich schwieriger ist in Anbetracht der schwierigen Marktlage im stationären Einzelhandel hingegen die Belegung der Flächen für Sortimente des Innenstadtbedarfs. Insbesondere der zeitliche Horizont der Projektentwicklung am Rosenviertel lässt in diesem Bereich eine gewisse Unsicherheit offen.“ (Seite 32)

Entscheidungen im Stadtrat

In der Sitzung des Stadtratsplenums am 28. September 2020 wurde beschlossen, die Vorschläge des CIMA-Gutachtens zur Grundlage für die Auslobung des städtebaulichen Wettbewerbs zum Rosenviertel zu machen.

In dieser Sitzung äußerten sich die Fraktionsvorsitzenden der SPD, der Grünen, der ÖDP und der Freien Wähler kritisch in Bezug auf die vorgesehenen Flächen für Mode und Sport.

Der damalige Oberbürgermeister Manfred Schilder und der Vorsitzende der CSU-Fraktion schlugen vor, die Flächen für Mode und Sport nicht verbindlich vorzugeben, sondern den Wettbewerbsteilnehmern einen Entscheidungsspielraum zu gewähren, welche Flächen sie dafür vorsehen oder ggf. anders nutzen möchten.

In dem am Ende der Sitzung gefassten Beschluss des Stadtrates fanden all diese Überlegungen jedoch keinen Niederschlag: Es wurde ohne Einschränkungen beschlossen, die Eckpunkte und das Ergebnis des CIMA-Gutachtens als Grundlage für den Auslobungstext zu verwenden.

Situation des Einzelhandels heute

Durch Corona wurde die Situation für den stationären Einzelhandel nochmals schwieriger.

Hermann Oßwald, Vorsitzender des Stadtmarketing Memmingen e.V., meinte im März 2022, das Umsatzniveau aus der Zeit vor Corona werde der Einzelhandel nicht mehr erreichen.

Auch größere Städte müssen mit Leerstand und Schwierigkeiten in der Vermarktung von Einzelhandelsflächen zurechtkommen:

Im Forum Allgäu in Kempten standen bereits im März 2021 sieben Läden leer.

Das Blautalcenter in Ulm wird zum größeren Teil abgebrochen und der frei werdende Raum mit Wohnungen bebaut, nachdem zuletzt 36 % der Verkaufsfläche leer standen.

Für das Ulmer Wohn- und Einkaufsquartier Sedelhöfe wird „wegen veränderter Marktbedingungen“ ein neuer Käufer gesucht.

Insgesamt wird von einer strukturellen Veränderung ausgegangen.

Das CIMA-Gutachten schrieb bereits im September 2020:

„Angesichts der aktuellen Rahmenbedingungen des Einzelhandels einhergehend mit einem tiefgreifenden Strukturwandel, der steigenden Bedeutung des Online-Handels sowie den kurzfristigen Entwicklungen ausgelöst durch die Corona Pandemie (…) geht die Bedeutung des Einzelhandels im Funktionskanon der Innenstadt zurück. Andere, bislang im Innenstadtbereich eher untergeordnete Nutzungsformen wie bspw. moderne Arbeitsformen und Wohnen rücken stattdessen zunehmend in den Vordergrund und erzeugen eine neue Belebung der zentralen Lagen.“ (Seite 9)

„Vor dem Hintergrund aktueller Herausforderungen (Online-Handel, Corona), resultierend in einer sinkenden Flächennachfrage, werden künftig nicht mehr alle ehemals durch Handel genutzten Flächen mit Einzelhandelsbetrieben wiederbelegt werden können. Zunehmende Bedeutung nehmen hierbei Komplementärnutzungen oder auch die Nachnutzung durch Wohnen ein, um auch möglichen Trading-Down Prozessen entgegenzuwirken.“ (Seite 21)

Risiken bei der Vermarktung der Flächen

Das CIMA-Gutachten stellte fest, die Zukunft sei nicht klar prognostizierbar und ein Nachfragestopp nach Handelsflächen im Nichtlebensmittelbereich sei möglich (Seite 35).

Weiter heißt es:

„Der zeitliche Horizont der Entwicklungen stellt hierbei allerdings ein gewisses Risiko dar, da die Lage insbesondere im Bereich Bekleidung aktuell sehr volatil ist.“

„Allerdings besteht auch ein Risiko, dass sich die Lage auf dem Einzelhandelsmarkt in den kommenden Jahren weiter verschlechtert und die Nachfrage großformatiger Einzelhandelsbetriebe am Standort Memmingen weiter abnimmt. Vor diesem Hintergrund sollten am Standort Rosenviertel (…) Flächen realisiert werden, die (…) maximal flexibel sind. Bestenfalls sollten die für Einzelhandel vorgesehenen Flächen so ausgestattet sein, dass sie im Falle einer mangelnden Nachfrage zumindest zeitweilig anderen Nutzungen (z.B. Büro, Dienstleister) zugeführt werden könnten.“ (Seite 37)

Auswirkungen auf den Memminger Einzelhandel

Bevor Flächen für neue Einzelhandelsangebote geschaffen werden, sollten deren Auswirkungen auf bestehende Einzelhandelsunternehmen bedacht werden.

Während das CIMA-Gutachten die vorgeschlagenen Flächen für verträglich hält (jedoch noch zum Zeitpunkt September 2020), sehen das einzelne Anbieter aus den betroffenen Branchen anders.

Nach meinen Informationen werden manche Filialanbieter im Bereich Mode und Sport von so kapitalkräftigen Eigentümern gehalten, dass sie nicht auf die Erwirtschaftung eines ausreichenden Ertrags angewiesen sind. Stattdessen zielt ihr Vermarktungskonzept auf die Erhöhung des eigenen Marktanteils durch einen aggressiven Verdrängungswettbewerb.

Es wäre fatal, wenn durch die Ansiedlung eines solchen Anbieters der bestehende Einzelhandel in Memmingen gefährdet würde.

Auswirkungen auf Architektur und Städtebau

Die Vorgabe für den städtebaulichen Wettbewerb, neben (mindestens) 5.000 Quadratmetern Wohnfläche und 3.500 Quadratmetern für ein Hotel gleichzeitig 3.500 Quadratmeter Verkaufsfläche für Handel vorsehen zu müssen, zwang die Wettbewerbsteilnehmer nach meiner Beobachtung zu einer sehr dichten Bauweise.

Die Grundfläche im Erdgeschoss hätte fast durchgängig bebaut werden müssen und in der Folge mussten in den Planungen Aufenthaltsflächen im Freien auf das Niveau des ersten Obergeschosses angehoben werden.

Bitte an den Stadtrat (2022)

Ende September 2022 formulierte ich folgende Bitte an den Stadtrat und informierte die Stadträtinnen und Stadträte darüber:

Ich bitte die Stadträtinnen und Stadträte, vor der Beschlussfassung über die Beauftragung der Büros zur Überarbeitung der Entwürfe zu überlegen, ob es in Anbetracht der vorstehend dargestellten Zusammenhänge nicht sinnvoll wäre, die für Mode- und Sportmärkte vorgesehene Fläche zu verkleinern oder auf diese ganz zu verzichten.

Ich nehme an, dass dadurch mehr Aufenthaltsqualität und eine höhere städtebauliche Qualität der Neubebauung erreicht werden kann.

Zugleich wäre das mit der Vermarktung der Flächen verbundene wirtschaftliche Risiko und die Gefahr unerwünschter Auswirkungen auf die bestehende Einzelhandelsstruktur nicht mehr vorhanden bzw. verringert.

Die beauftragten Büros könnten auch um die Ausarbeitung von Alternativgestaltungen für verschiedene Flächengrößen gebeten werden oder es könnte ihnen – wie bereits in der Plenumssitzung 2020 überlegt – ein gewisser Freiraum eingeräumt werden, über die Berücksichtigung zusätzlicher Flächen unter architektonischen und städtebaulichen Gesichtspunkten zu entscheiden.

Flächen für Anbieter aus dem Mode- und/oder Sportbereich sollten nur vorgesehen werden, wenn die verbindliche Zusage eines wirtschaftlich leistungsfähigen Anbieters vorliegt, bei der davon auszugehen ist, dass der Anbieter auch zum Zeitpunkt der Fertigstellung noch an dem Objekt interessiert ist, und wenn nicht zu befürchten ist, dass das neue Warenangebot den bestehenden Einzelhandel gefährdet.

Decathlon, der im CIMA-Gutachten ausdrücklich als möglicher Anbieter genannt ist, eröffnete in der Vergangenheit nicht nur neue Filialen, sondern schloss Filialen auch wieder, zuletzt in Esslingen.

Positive Wendung

Im Jahr 2023 wurde die Aufgabenbeschreibung, nach der die drei Sieger des städtebaulichen Wettbewerbs ihre Entwürfe nochmals überarbeiten sollten, dahingehend geändert, dass sowohl die großen Mode- und Sportmärkte als auch der Supermarkt nicht mehr vorgesehen waren.

Nach meinen Informationen erfolgte diese Änderung auf Wunsch der möglichen Investoren, mit denen die Stadt Vorgespräche führte.

Nach einer Aussage von Ex-OB Manfred Schilder bei der Podiumsdiskussion der Memminger Zeitung zur letzten Oberbürgermeisterwahl wurden als mögliche Investoren Firmen aus unserer Region angesprochen, keine Investmentgesellschaften aus weiter Ferne.

Die möglichen Investoren teilten nach meinen Informationen mit, dass die vorgesehenen Mode- und Sportmärkte und der Supermarkt sich nicht sinnvoll realisieren ließen.

Somit kam es „auf den letzten Metern“ noch zu einer sehr positiven Wendung:

In den 2022 vorgelegten Entwürfen waren die planenden Büros noch gezwungen, für den größten Teil der überplanten Fläche im Erdgeschoss eine Bebauung vorzusehen. Die dargestellten „Innenhöfe“ hätten sich zum größeren Teil nicht auf Erdgeschossniveau, sondern auf dem Niveau des ersten Obergeschosses befunden.

Durch das Entfallen der Märkte gibt es nun viel mehr Platz für „echte“ Innenhöfe auf Erdgeschossniveau und für eine Durchwegung auf Straßenniveau.

Soweit die Darstellung der bisherigen Entwicklungen betreffend das Rosenviertel.

Freundliche Grüße

Ihr Jochen Diefenthaler